
Marienkirche in Hürup an Wärmenetz angeschlossen
In der Ortschaft Hürup südlich von Flensburg wird seit 2015 ein genossenschaftliches Wärmenetz ausgebaut. Seit dem Winter 2024/25 ist auch die Marienkirche der Kirchengemeinde Hürup-Rüllschau angeschlossen und wird mit klimafreundlicher Wärme beheizt.
Gemeinde Hürup-Rüllschau
2024
Nahwärme aus erneuerbaren Energien
Kirche/Kategorie Gebäude
Kirchengemeinde setzt zusammen mit lokaler Genossenschaft auf Nahwärme aus Erneuerbaren statt Öl
Die Marienkirche in Hürup wurde über Jahrzehnte wie die meisten Gebäude im Dorf über eine Ölheizung beheizt. Die Heizung war bereits über 35 Jahre alt, als sich die Gelegenheit bot, das Gebäude mit an das seit 2015 Meter um Meter wachsende Wärmenetz in Hürup anzuschließen. Die Arbeiten zum Ausbau des Netzes waren 2023 so weit fortgeschritten, dass ein Abzweig zur Kirche gelegt werden konnte.
Der Kirchengemeinderat beschloss schnell, sich der Genossenschaft anzuschließen und die Erneuerung der Kirchenheizung anzugehen. Seit September 2024 wird die Kirche aus dem Wärmenetz mit klimafreundlicher Wärme aus Holzhackschnitzeln, Pellets und einem erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerk versorgt.
Bis zum Endausbau werden eine Solarthermie-Freiflächenanlage, Erdwärme und Wärmepumpen an das Wärmenetz angeschlossen sein und die Versorgung für das Hüruper Wärmenetz ganz von fossilen Quellen abgekoppelt.
Hintergrund: Lokale Genossenschaften sorgen für geringere Kosten von Wärmenetzen
In der Marienkirche war der baldige Einbau einer neuen Heizung unausweichlich. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten hätte es kaum andere kostengünstige Alternativen gegeben. Daher hat die Kirchengemeinde sehr vom Angebot der lokalen Nahwärme-Genossenschaft profitiert.
Die Kosten für das Nahwärmenetz in Hürup und den drei umliegenden Ortschaften, die zum Versorgungsgebiet gehören, sind auch im Vergleich zu anderen Wärmenetzen niedrig. Das liegt zum einen daran, dass dieses Projekt bereits seit 2015 genossenschaftlich umgesetzt wird und verschiedene Fördermittel für die Ausbaustufen eingeworben werden konnten.
Ein großer Pluspunkt war außerdem die Entscheidung der Kommune, das Projekt aktiv zu unterstützen. So werden im Zuge des seinerzeit beginnenden Umbaus der Kanalisation in ein getrenntes Schmutz- und Regenwassersystem auch die Wärmeleitungen verlegt, so dass die Kosten für zusätzliche Erdarbeiten entfallen. Mit dem allmählichen Aufwuchs des Wärmenetzes werden schrittweise weitere Wärmeerzeuger ans Netz angeschlossen und die Vorfinanzierungssummen begrenzt.
Fakten auf einen Blick
- Marien-Kirche: Baujahr Anfang des 13. Jahrhunderts, 230 m² Fläche, 135 Sitzplätze
- Bis Sept 2024: Ölheizkessel, 42 kW, Bj. 1987, mit wassergeführtem Heizsystem
- Wärmenetzanschluss: 40 kW / 60°C Vorlauf
- THG-Emissionen der Ölheizung: rd. 4.500 kg pro Jahr
- THG-Emissionen mit Wärmenetzanschluss: ca. 400 kg pro Jahr
- Heizenergieeinsparung seit 2019: 65 Prozent
Investitionen und Kosten
- Genossenschaftsanteile der Bobenop Nahwärme eG: 2.500 Euro
- Wärmenetzanschlusskosten (45 m Wärmeleitung): 4.600 Euro
- Erdarbeiten für Wärmeleitung: 1.800 Euro plus Eigenleistung
- Übergabestation und Anschluss an Heizsystem der Kirche: 9.000 Euro
- Öffentliche Förderung: keine, da Sakralgebäude
- Abschlag für Wärmelieferung im ersten Winter: 150 Euro pro Monat

Schritt für Schritt: Die Umsetzung vor Ort
Dem Beschluss der Kirchengemeinde für die Genossenschaftslösung gingen einige Beratungen voraus, denn es mussten die Finanzierung und Tragfähigkeit des Projekts geprüft werden. Eine entscheidende Grundlage für die Beratungen im Kirchengemeinderat waren Kostenberechnungen der Heizungsumstellung und der Vergleich mit dem Einbau einer neuen Ölheizung. Dabei zeigte sich, dass mit dem Wärmenetzanschluss unterm Strich nicht nur der Klimaschutz gewinnen, sondern auch der Kirchenhaushalt entlastet würde.
Eine wichtige Rolle für die Kirchengemeinde haben auch die Erfahrungsberichte von Kirchengemeinderats-Mitgliedern gespielt, die privat bereits ihre Häuser angeschlossen hatten und sehr zufrieden mit dieser Entscheidung sind. Auch die Kita der Kirchengemeinde wird bereits seit 2020 ohne Probleme über das Wärmenetz beheizt.
Kooperation mit Behörden und Engagement vor Ort
Vom positiven Beschluss des Kirchengemeinderates bis zur Verwirklichung des Projektes war vieles zu überlegen, vereinbaren und regeln: für die Ausführungsplanung wurden Angebote eingeholt und verschiedene Alternativen geprüft. Dabei zeigte sich, dass die Erdarbeiten auf dem Kirchhof teilweise in Eigenregie mithilfe engagierter Gemeindemitglieder erfolgen konnten, was schließlich fast 5.000 Euro im Vergleich zur Fremdleistung eingespart hat.
Einige Zeit war auch für das Einholen der behördlichen Genehmigungen einzukalkulieren: Neben der kirchenaufsichtlichen Genehmigung war eine archäologische Genehmigung notwendig, weil Hürup zu einem archäologischen Schutzgebiet gehört. Die Absprachen verliefen sehr einvernehmlich und die Arbeiten wurden zügig, wenn auch unter Vorbehalt genehmigt.

Erdarbeiten waren schnell erledigt
Glücklicherweise kamen in dem Graben, der unter einem Weg abseits von Grabstätten verlief, keine historischen Funde zum Vorschein. So war der letzte Schritt, die Leitungen vom Wärmenetz zur Kirche zu verlegen und die Wärmeübergabestation im Heizungsraum einzubauen, am Ende schnell erledigt. Innerhalb einer Woche waren alle Gräben wieder zu.
Seither wird die Marienkirche klimafreundlich beheizt. Die Kirchengemeinde ist damit einen großen Schritt weiter auf dem Weg für den Klimaschutz.
Erste Auswertungen: Großes Plus durch stabile Preise und Gewinn für den Umweltschutz
Die Heizkosten für die Kirche waren durch den steigenden Ölpreis seit 2022 viel teurer geworden. Auch der CO2-Preis wird die Kosten für Heizöl in den Jahren bis 2030 und danach weiter nach oben treiben. Im Vergleich dazu ist die Preisentwicklung für die Wärmelieferung der Genossenschaft weitaus kalkulierbarer und niedriger.
Einen Vorteil für den Klimaschutz und auch für die Kirchenkasse bringt die Tatsache, dass der Energieverbrauch der Kirche mit dem Anschluss an das Wärmenetz gesunken ist. Es entfallen jetzt die Verluste, die der Betrieb eines Heizkessels mit sich bringt, weil ein Teil der Wärme durch den Schornstein und im Kessel selbst verloren geht. Diese Verluste summieren sich auf ca. 10 Prozent.
Und was zeigen die Zahlen aus dem Energiecontrolling?
Schon vor dem Heizungsumbau hatte die Kirchengemeinde viel Heizenergie gespart, weil sie die Temperaturen seit dem Energiepreisanstieg ab 2022 bewusst gesenkt hatte. Pro Grad Temperatursenkung lassen sich 10 Prozent des Verbrauchs sparen. Mit dem Wärmenetzanschluss ist der Verbrauch weiter gesunken. Stand Frühjahr 2025 hat die Kirchengemeinde im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren 2018 und 2019 insgesamt rund zwei Drittel des Energieverbrauchs eingespart.
Die größten Gewinner des Projekts sind die Menschen und das Klima
Der Umbau der lokalen Wärmeversorgung zu einem klimafreundlichen und kostengünstigen System ist weit fortgeschritten, wovon alle Einwohner profitieren werden. Dadurch sinken die Treibhausgas-Emissionen aus der Wärmeerzeugung in Hürup um rund 80 Prozent. In der Hüruper Marienkirche sind die Emissionen aufgrund der zusätzlichen Energieeinsparung seit 2019 sogar um 93 Prozent gesunken.
Linksammlung
Kontakt zur Kirchengemeinde Hürup-Rüllschau
Mehr erfahren auf unserer Themenseite “Kirchen temperieren”
Hintergrundwissen zum Thema Heizung auf unserer Themenseite
Weitere Informationen und Kontakt
Klimaschutz im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg
Hier finden Sie die Klimaschutzmanager:innen im Kirchenkreis
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