Weltklimakonferenz: Kirchen und NGOs sind enttäuscht - dennoch kleine Erfolge
29. November 2024
Katherine Braun, Referentin für Flucht, Migration und Menschenrechte im Ökumenewerk der Nordkirche, war bei der Weltklimakonferenz vom 11. bis 23. November 2024 in Baku vor Ort. Sie hat als Vertreterin in dem kirchlichen Bündnis “ACT-Alliance” Lobbyarbeit für die Positionen der Länder des globalen Südens gemacht und für Finanzierung des Fonds für Klimaschäden.
“Das Ergebnis ist sehr enttäuschend, insbesondere für die Länder, die am stärksten von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. Sie haben diese Krise nicht zu verantworten, werden aber im Umgang mit den Klimaschäden allein gelassen. Die Industriestaaten haben sich hier durchgesetzt”, berichtet sie nach ihrer Rückkehr.
Lobbyarbeit war schwierig und eingeschränkt
Katherine Braun berichtet weiter, dass erschwerend auf dieser Weltklimakonferenz, der COP29, hinzukam, dass die Handlungsspielräume für die Zivilgesellschaft stark eingeschränkt waren. Viele queere Menschen und Menschenrechtsverteidiger:innen konnten aus Sicherheitsgründen erst gar nicht einreisen.
“So fehlte wichtige Lobbyarbeit, und das war politisch von den Ölstaaten aber auch dem Vatikan gewollt: Themen wie Menschenrechte und Geschlechtergerechtigkeit wurden aus allen Verhandlungstexten gestrichen”, sagt sie rückblickend.
Kirchliche Bündnisse ermöglichen Zugänge
Hier seien ihrer Meinung nach kirchliche Bündnisse von zentraler Bedeutung: Brot für die Welt und Misereor ermöglichen es zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen im Globalen Süden als Teil der Delegation an der COP29 teilzunehmen. Viele NGOs hätten sonst gar keine Mittel und Zugänge, vor Ort zu sein und ihre Anliegen zu vertreten.
Das gelte auch für Vertreter:innen aus den sogenannten „Entwicklungsländern“, die in den Verhandlungen offiziell SIDS (least developed countries) genannt werden. Die Reise und Präsenz bei solchen internationalen Konferenzen sind teuer und Gastgeberländer erhöhen die Preise um das Vielfache.
“Teil einer Delegation zu sein, bietet aber auch Schutz, gerade für Aktivist:innen. Das war in Baku deutlich spürbar”, so die Referentin aus der Nordkirche.
“Wir aus kirchlichen Bündnissen haben sehr gute Zugänge zu politischen Vertretungen und den Ministerien", erläutert sie. So können wir Vertreter:innen aus Partnerorganisationen im Globalen Süden mit Entscheidungsträger:innen wie zum Beispiel deutschen Abgeordneten und Ministerien zusammenbringen. So können Betroffene ihre Erfahrungen und Forderungen direkt äußern.
"Allein das ist schon ein großer „Erfolg“. Denn gerade in diesen Verhandlungen sei es wichtig, dass auch jenseits von Verhandlungstischen die Möglichkeit besteht, über die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise zu sprechen.
Katherine Braun hat - wie hier auf dem Foto - als Mitglied der “Brot für die Welt”-Delegation in Veranstaltungen zum Thema “Klima und Flucht” gesprochen und über Fluchtursachen, die durch die Klimakrise verstärkt werden, informiert.
"Ganz konkret: Flucht, Konflikte, Vernichtung der Ernte"
Katherine Braun: "Da wird es dann ganz konkret und verlässt die eher abstrakten Finanzierungsverhandlungen. Und es ist ja nicht so, dass sich alle Verhandler:innen und Abgeordneten mit der Realität der Klimakrise auseinandergesetzt haben.
Dann erzählt jemand, wie das gesamte Dorf einer pazifischen Insel umsiedeln muss, weil das Wasser immer höher ansteigt, die alten Menschen aber unbedingt bleiben wollen. Oder Partner erzählen, dass die ganze Jugend auswandert, weil die Klimakrise in Kenia nicht nur Ernten bedroht, sondern auch zu blutigen Konflikten zwischen Bauern und Nomaden geführt hat."
Erfolg: Bundesregierung bleibt bei Zusagen
Kirchliche Delegationen haben einen sogenannten Beobachterstatus und können deswegen an fast allen Verhandlungen teilnehmen. Diesen Sonderstatus haben andere NGOs teilweise nicht bekommen. Internationale Bündnisse wie der Lutherische Weltbund und ACT Alliance ermöglichen so, kirchlichen VertreterIinnen aus dem Globalen Süden ihre Forderungen einbringen.
“Wir haben eine politisch sehr schwierige Situation vor uns, gleichzeitig macht der Klimawandel davor nicht halt”, erzählt Katherine Braun. Kirchliche Bündnisse und NGOs haben es ihrer Meinung nach in Baku geschafft, dass die Bundesregierung bei ihren Zusagen bleibt.
“Ich persönlich habe zudem noch wichtige Gespräche zum Zusammenhang von Klimakrise und Vertreibung führen können. Migration, Flucht und Vertreibung werden zukünftig insbesondere in den Verhandlungen zu Schäden und Verlusten eine Rolle spielen”, berichtet sie.
Sie habe mit Kolleg:innen Empfehlungen erarbeitet, wie Migrant:innen und Vertriebene besser geschützt werden können. “Während sich also in der Migrations- und Asylpolitik die Handlungsspielräume verkleinern, sind die Klimaverhandlungen zum wichtigen Forum geworden”, sagt sie.